BME/IHK-Region Bodensee-Oberschwaben

28.11.2018

„Shared Value statt Shareholder Value maximieren”

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Beim 3. Lake Constance Supplier Dialogue drehte sich alles um den permanenten Wandel in Unternehmen, den die Digitalisierung auslöst.

Case Studies führender Maschinen- und Anlagenbauer wechselten sich mit Fachforen, Start-up-Pitches und Networking ab.

Über 200 Gäste folgten der Einladung des BME e.V., von ZF Friedrichshafen, Rolls-Royce und Oerlikon nach Friedrichshafen*. Gastgeber Horst Wiedmann, seines Zeichens BME-Vorstandsvorsitzender und Leiter Strategische Materialwirtschaft bei ZF, führte durch ein abwechslungsreiches Tagesprogramm, für das sich die Organisatoren in diesem Jahr „Change ist the new Normal“ als Motto ausgesucht hatten.

Friedrichshafen: Digital-Hub für Mobilität

In seiner Begrüßung wies BME-Hauptgeschäftsführer Silvius Grobosch auf die treibende Kraft von Einkauf und Supply Management in der Digitalisierung hin. „Da sind wir gefragt“, sagte er und betonte die Wichtigkeit der Netzwerke mit Lieferanten. Neue Technologien, Künstliche Intelligenz und Roboter sieht er nicht als Gefahr für die Zukunft der Arbeit. „Künstliche Intelligenz wird den Menschen dann nicht beherrschen, wenn wir uns die Technologie zunutze machen.“

Der Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen ist gerade dabei, sich die digitalen Technologien für das eigene Geschäft zunutze zu machen, wie Wilhelm Rehm, Mitglied des Vorstands bei ZF, in seinem Vortrag darlegte. Um die Mobilität von morgen mitzugestalten, setzt das Unternehmen auf digitale Produkte, eine Supply Chain 4.0 sowie digitalisierte Businessprozesse. „Wir verbinden mechanische Kompetenz mit digitaler Technologie. Jedes Produkt soll künftig ein Kabel oder einen Sensor haben“, sagte Rehm.

Über all diese Vorhaben wacht übrigens ein eigener Chief Digital Officer, den das Unternehmen installiert hat. Die Stadt Friedrichshafen möchte ZF zu einem Digitalstandort weiterentwickeln. Eine Modellfabrik, wo mittels Elektromobilität die Werkslogistik der Zukunft dargestellt wird, gehöre genauso dazu wie eine Teststrecke für autonomes Fahren.

Sorge um die Gesellschaft

Eigentlich wollte Marcus A. Wassenberg, CFO bei Rolls-Royce Power Systems keine Brandrede halten – und tat es dann doch. Rolls-Royce mache nach Angaben Wassenbergs gerade „horizontale Digitalisierung“, man frage sich, was man jetzt unmittelbar digital machen könne, etwa Maschinen und Prozesse. Was Wassenberg aber momentan besonders umtreibt, ist die Frage um die „richtigen“ Fachkräfte der Zukunft, wer die seien, wie man sie gewinnen, aber auch (weiter) begeistern und halten könne. „Ich will Ihnen nicht den Spaß an der Digitalisierung nehmen. Aber sie bringt uns eine unheilvolle Allianz. Viele Mitarbeiter fragen sich, ob sie überhaupt noch gebraucht werden“, sagte er. Das Expertenwissen der Älteren zu schützen, sei aber besonders wichtig. „Vielleicht kommt das nie wieder“. Auf der anderen Seite sei es immer herausfordernder, junge Mitarbeiter für eine „alte Branche“ zu begeistern. Rolls-Royce digitalisiert dafür gerade die komplette Ausbildung.

Für die Zukunft wünscht sich Wassenberg vor allem eine intensivere Diskussion um die Frage nach dem richtigen Gesellschaftsmodell. „Wir müssen den Shared Value maximieren, nicht den Shareholder Value“, plädiert er für mehr Kooperation zwischen Wirtschaft und Gesellschaft. Momentan sorge er sich, „einen Teil der Gesellschaft zu verlieren“. Die nachfolgende Generation hätte teilweise Ängste, was die Zukunft betrifft. Bildung und „Spiegel News von Google News unterscheiden zu können“, sei eine wichtige Eigenschaft kritisch denkender Menschen, die es zu erhalten gelte.

Kundenzentrierung durch data-driven decisions

Fest an Partnernetzwerke glaubt Jochen Weyandt, Vorstandsmitglied bei OC Oerlikon Management. Es kämen viele neue Spieler auf den Markt, die plötzlich etablierte Industrien aufmischten. Mit diesen neuen Playern, häufig Start-ups, gelte es, die Zusammenarbeit zu suchen. Junge Menschen mit Budget auszustatten und sie ein Jahr lang außerhalb von Governance und Strukturen arbeiten zu lassen, damit habe er gute Erfahrungen gemacht. „Die Jungen sind wie Antikörper im Unternehmen“, sagte er. Im nächsten Schritt müssten diese nun in der gesamten Unternehmung verbreitet werden.

Dass der „hoch traditionelle Anlagenbauer aus einer hochtraditionellen Industrie“ in der Vergangenheit viele Zu- und Verkäufe zu verzeichnen hatte, helfe bei der „digitalen Metamorphose“: „Veränderung wird bei uns auf Tagesbasis gelebt“, sagte er. Künftig gelte es, diesen Wandel nicht nur auf Shopfloor-Ebene zu bewältigen, sondern stärker vom Kunden her zu denken.

Die Kundenzentrierung war das zentrale Thema des Vortrags von Stefan Lampa, Geschäftsführer von Kuka Deutschland. Der gebürtige Schwede machte den Gästen deutlich, dass sich auch klassische B2B-Unternehmen künftig viel stärker am Endkunden ausrichten müssten. Automobilindustrie, E-Commerce, Logistik, Produktion – überall seien die Unternehmen mit neuen Anforderungen der Kunden konfrontiert, die sie zu immer schnelleren Entscheidungen und Reaktionen drängen. „Unsere Roboter dienen dem Kundenwunsch“, sagte er.

Digitalisierung und Individualisierung, also der Zuschnitt auf den Kunden auch im Massengeschäft, seien in den klassischen Industrien Treiber für eine Entwicklung weg von den klassischen 3Ds– dirty, dull, dangerous – hin zu neuen 3Ds: data-driven decisions. 12-monatige Entwicklungszyklen gehörten der Vergangenheit an. Künftig müssten bereits nach wenigen Tagen erste Lösungen verfügbar sein. „Plan to fail early and cheap” lautet das Credo dahinter.

Start-up Pitches und Vorabend im Dornier Museum

Am Nachmittag vertieften die Teilnehmer in zwei parallelen Fachforen zur Automatisierung (Robotics, KI und Virtual Reality) und zur Arbeitswelt von morgen (Digital Leadership) die Diskussionen. Start-ups konnten im Rahmen von zwei Pitch-Runden ihre digitalen Lösungen für Einkauf und Supply Management vorstellen und mit Einkäufern und Lieferanten ins Gespräch kommen.

Bereits am Vorabend gab Eva Wimmers bei einer Dinner Speech im Dornier Museum den Gästen interessante Einblicke in die Welt der Telekommunikationsbranche, erzählte von ihren Erfahrungen in einem chinesischen Konzern und den unterschiedlichen Arbeitsweisen in Europa und Asien. Die 48-jährige, langjährige Managerin bei der Deutschen Telekom ist die erste Frau im Topmanagement des chinesischen Handyherstellers Huawei. Dort verantwortet sie das Europageschäft für die Huawei-Zweitmarke Honor.

Save the date: Der 4. Lake Constance Supplier Dialogue findet am 14./15. Oktober 2019 in Friedrichshafen statt.

*vom 3. Lake Constance Supplier Dialogue berichtete Tobias Anslinger, BME

Foto: Tobias Anslinger/BME


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28. November 2018

3. Lake Constance Supplier Dialogue 2018

Beim 3. Lake Constance Supplier Dialogue drehte sich alles um den permanenten Wandel in Unternehmen, den die Digitalisierung auslöst. Case Studies führender Maschinen- und Anlagenbauer wechselten sich mit Fachforen, Start-up-Pitches und Networking ab.
Fotos: Tobias Anslinger, BME e.V.

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